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Anwendungsmöglichkeiten biobasierter Kunststoffe im Innen- und Außenraum von Gebäuden - Beispielhafte Entwicklung

. Universität Stuttgart, ITKE, Stuttgart, Germany, (2015)

Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit stellt Anwendungsmöglichkeiten biobasierter Kunststoffe in Ge-bäuden dar. Dies erfolgt an beispielhaften Modifikationen von Polylactid, einem Milch-säurekunststoff, zur Anpassung für eine Innen- und für eine Außenanwendung. Kunststoffe werden in der Architektur aufgrund ihrer mannigfachen Gestaltungsmöglichkeit hinsichtlich Lichtdurchlässigkeit, Farb- und Formgebung oder ihrer geringen Wärmeleitfähigkeit als Baustoff gewählt und finden in dieser Branche zunehmend Absatz. Die Frage, wie sich Biokunststoffe als Baumaterialien einsetzen lassen, stellt eine zeit-gemäße Weiterentwicklung dar. Die Rohstoffsituation lässt es sinnvoll erscheinen, Bio-masse vor einer direkten energetischen Verwertung zunächst werkstofflich zu nutzen. Nach Gebrauchsende können biobasierte Werkstoffe, abzüglich ihrer Additive, die nicht auf nachwachsenden Rohstoffen basieren, klimaneutral verbrannt werden. Für die Entwicklung möglichst transparenter Sandwichplatten zur Raumtrennung in öffentlichen Innenräumen, galt es im Rahmen eines von der DBU geförderten Forschungsprojektes einen biobasierten Kunststoff hinsichtlich seines Brandverhaltens und der Wärmeformbeständigkeit zu optimieren. Die akustisch wirksamen Platten sollen nach der Idee des Projektpartners Nimbus Group auf zwei Halbschalen basieren, deren mikroperforierte Deckschicht spritzgegossen wird. Die Compoundierung von Polylactid (PLA) mit verschiedenen Flammschutzmitteln zeigte, dass nur Triphenylphosphat (TPP) die optischen Eigenschaften nicht beeinträchtigt. Durch Zugabe von sieben Gewichtsprozent TPP war es auf Materialebene möglich, ein selbst verlöschendes Compound zu entwickeln und die Brandklasse UL-94-V0 zu erreichen. Einzig durch Erhöhung der Werkzeugtemperatur auf 100 °C und Verlängerung der Kühl-zeit von etwa 25 auf 240 Sekunden bei der Formgebung, konnte mit durchschnittlich 80 °C eine ausreichende Wärmeformbeständigkeit (HDT-B) erzielt werden. Diese Maßnahme zur Erhöhung des Kristallisationsgrades von PLA verteuert durch geringere Stückzahlen pro Maschinenstunden die Fertigungskosten. Der Granulatpreis des Compounds hingegen ist konkurrenzfähig. Der Anteil nachwachsender Rohstoffe im modifizierten Polylactid liegt bei über 90 %. Nach einer fast dreijährigen Innenraum-Lagerung hinter Fensterglas zeigen sich die Probekörper farblich gleich. Auch die mechanischen Eigenschaften des PLA-TPP-Compounds bleiben unvermindert. Untersucht man jedoch die Prüfstäbe, die aus oben genannten Gründen einer längeren Verweildauer im Werkzeug bei höherer Temperatur ausgesetzt waren, so zeigt sich die Streckspannung um ca. 23 % und die Streckdehnung um etwa 11 % vermindert. Thermostabilisatoren würden hier das Compound vor Prozesswärme schützen und die Dauerhaftigkeit erhöhen. Es hat sich gezeigt, dass es möglich ist, Polylactid für eine Innenraumanwendung anzupassen. Die Verbesserung des Brandverhaltens und der Wärmeformbeständigkeit unter Berücksichtigung der Lichtdurchlässigkeit ist realisierbar, jedoch unwirtschaftlich. Bei der exemplarischen Modifikation von Polylactid für Fassadenplatten konnte mit den umweltfreundlichen Flammschutzmitteln Ammoniumpolyphosphat (APP) sowie mit rotem Phosphor auf Materialebene jeweils ein schwer entflammbarer Werkstoff konzipiert werden. Während der 18-monatigen Freibewitterung sinkt die Streckdehnung um etwa 12%. Die Streckspannung nimmt nicht ab. Die mechanischen Eigenschaftsverluste nach der Alterungssimulation durch Globalstrahlung sind in etwa 9 % höher als Polycarbonat (PC). Die untersuchte PC-Type enthält allerdings neben dem Flammschutz bereits einen UV-Stabilisator. Bei PC wurde eine größere Farb- und Glanzänderung durch die künstliche Alterung ermittelt als beim modifizierten Polylactid, welches kein UV-Schutz enthält. Die Wasseraufnahme des PLA-APP-Compounds liegt bei 0 %. Nach zehn Tagen Was-serlagerung sind keine mechanischen Eigenschaftsverluste zu verzeichnen. Die durchschnittlich ermittelte Wärmeformbeständigkeit beträgt 79 °C (HDT-B). Um diese oder eine höhere HDT-B zu erreichen, muss der Werkstoff thermisch durch Tempern oder einer Weiterbearbeitung durch Vakuumverformen nachbehandelt werden. Möglich wäre auch das langsame Abkühlen der Platten bei der Extrusion. Für Außenanwendungen erscheint das entwickelte, opake Material geeignet. Brandversuche auf Bauteilebene müssen dessen ungeachtet noch durchgeführt werden. Das mit Ammoniumpolyphosphat modifizierte Polylactid basiert zu etwa 88% auf nach-wachsenden Rohstoffen. Der Polymerpreis ist annähernd mit dem von Polycarbonat zu vergleichen.

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