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Kleben von GFK und Glas für baukonstruktive Anwendungen

. Universität Stuttgart, ITKE, Stuttgart, Germany, (2006)

Abstract

Inhalt dieser Arbeit ist die Erforschung der Idee des Werkstoffverbundes zwischen glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK) und Glas sowie das Aufzeigen von Anwendungsmöglichkeiten für Baukonstruktionen aus diesem Werkstoffverbund. Hierzu erfolgt eine Gliederung in zwei wesentliche Teile. Ein Teil der Arbeit besteht aus einem umfangreichen Versuchsprogramm an Klebeverbindungen zwischen GFK und Glas. Die Ergebnisse der Klebeversuche finden Verwendung im zweiten Teil der Arbeit. Dieser beschäftigt sich mit der Entwicklung baukonstruktiver Anwendungsbeispiele und deren Bau als Prototypen. Durch den Verzicht auf mechanische Verbindungsarten wie Klemmen oder Verschrauben, wobei Bohrungen insbesondere bei Glas weder eine materialgerechte noch wirtschaftliche Bearbeitungsform darstellen, werden durch Klebungen Fügeteile mit zusammenhängenden glatten Oberflächen möglich. In den letzten Jahrzehnten hat die Klebetechnologie enorme Fortschritte gemacht. Sowohl die Chemie, die Applikationstechnik und auch die ingenieurmäßigen Anwendungen wurden weiterentwickelt und scheinen auch weiter voranzuschreiten. Im Fassadenbau ist das Kleben von Glas schon seit einiger Zeit unter dem Begriff „structural glazing“ bekannt und aktueller Stand der Technik bei Metallfassaden. Die auf Grundlage europäischer Richtlinien erarbeiteten Testverfahren und Zulassungen beschränken sich jedoch auf die Prüfung „lastabtragender Dichtstoffe“ wie Silikon. Inzwischen gibt es aber Klebstoffe, die erheblich höhere Festigkeiten, bessere optische Eigenschaften und Vorteile in der Verarbeitung aufweisen, deren Verwendung im Bauwesen aber nahezu unbekannt ist. Für das Bauwesen sind neben Werten zur Anfangs- und Temperaturfestigkeit insbesondere Kenntnisse über die Alterungsbeständigkeit von Bedeutung. An dieser Stelle setzt nun diese Arbeit ein und ermittelt neue Kenntnisse über die Verklebung der neuen Werkstoffkombination GFK und Glas. In diesem Rahmen werden, im ersten Teil der Arbeit, in einem Prüfprogramm für Klebeverbindungen zwischen GFK und Glas eine Vielzahl unterschiedlicher Klebstoffe getestet. Einige der Klebstoffe sind im Handel erhältlich, andere werden in Zusammenarbeit mit Herstellern für die gewünschte Anwendung in dieser Arbeit entwickelt bzw. modifiziert. Bestandteil der Untersuchungen sind Klebstoffe aus jeder der vier großen Klebstoffgruppen Silikone, Polyurethane, Acrylate und Epoxidharze. Drei der zehn untersuchten Klebstoffe sind hochtransparent. Die Berücksichtigung eines Klebebands soll die Vor- bzw. Nachteile dieser Klebetechnik gegenüber den Naßklebern aufzeigen. Das Prüfprogramm wird in Anlehnung an die europäische Richtlinie ETAG Nr. 002 „Leitlinie für die Europäische Technische Zulassung für Geklebte Glaskonstruktionen“ erstellt, worin allerdings nur die Anforderungen für die Zulassung von Structural Glazing-Verklebungen mit Silikon beschrieben sind. Die Prüfkörpergeometrien und Versuchsaufbauten werden für die Versuche dieser Arbeit deshalb an die Materialkombination GFK/Glas und die verwendeten Klebstoffe angepaßt. Für alle Klebstoffe werden die Anfangswerte der mechanischen Festigkeiten für eine Zug- und Schubbelastung bestimmt. Danach findet eine Auswahl statt, welche Klebstoffe weiter untersucht werden. In einem zweiten Schritt werden dann für die verbliebenen Klebstoffe die mechanischen Festigkeiten unter Temperaturbeanspruchung ermittelt. Hierfür wird der für Fassadenkonstruktionen übliche Temperaturbereich von –20°C bis +80°C betrachtet. Um Alterungsprozesse künstlich zu simulieren, werden Probekörper dreier ausgewählter Klebstoffe in einer Klimakammer definierten Feuchte- und Temperaturzyklen sowie einer UVBestrahlung ausgesetzt. Diese künstliche Alterung dauert 9 Wochen. Nach jeweils 3 Wochen werden Proben aus dem Klimaschrank entnommen und auf ihre Festigkeit geprüft. Dadurch kann ein Festigkeits-Zeit-Schaubild ermittelt werden. Parallel hierzu wird in einem Langzeitversuch die natürliche Alterung untersucht, indem Probekörper für etwa ein bis zwei Jahre dem Außenklima ausgesetzt werden. Für die gealterten Proben erfolgt auch die Bestimmung der Zugfestigkeiten. Dadurch kann ein Vergleich zwischen künstlicher und natürlicher Alterung hergestellt werden. Im zweiten Teil widmet sich die Arbeit der Anwendung der untersuchten Klebstoffe an unterschiedlichen Prototypen. So wird durch statisch wirksame Verklebungen beispielsweise die Ausnutzung des Verbundträgerprinzips für Tragwerkselemente in GFK/Glas Bauweise entwickelt. Der Pavillon des ITKE der Uni Stuttgart auf der glasstec 2002 in Düsseldorf, der im Rahmen dieser Arbeit entstand, demonstrierte dieses Verbundträgerprinzip in realem Maßstab. In einem weiteren Beispiel ermöglicht die Kombination von GFK und Glas mit statisch wirksamen Verklebungen den Bau von Fenstern mit sehr dünnen Rahmenkonstruktionen. Im Gegensatz zu konventionellen Fenstern, bei denen Glasscheiben in Rahmen aus Holz, Aluminium oder Kunststoff verklotzt werden und die Rahmen die entstehenden Zugkräfte über die Ecken weiterleiten, übernimmt bei den GFK/Glas-Fenstern die Verklebung zwischen GFK und Glas die aussteifende Wirkung. Die daraus resultierenden sehr dünnen Rahmenquerschnitte aus dem gering wärmeleitenden Material bieten nicht nur gestalterische sondern auch bauphysikalische Vorteile welche in einer separaten Forschungsarbeit behandelt werden. Eine weitere Anwendung ist die Verstärkung von Isolierglasscheiben durch aufgeklebte schlanke Profile aus GFK. Mittels einer statisch wirksamen Verklebung wirken die Isolierglasscheiben zusammen mit den GFK-Profilen im Verbund. Als direktes Ergebnis dieser Arbeit entsteht zur Zeit mit der Fassade für ein Sport- und Kulturzentrum in Kopenhagen die erste reale Anwendung einer neuen Bauweise. Somit zeigt diese Arbeit das Potential der Materialkombination von GFK und Glas in Verbindung mit Anwendung einer Klebetechnik, die über die im Fassadenbereich üblichen lastabtragenden Dichtstoffe hinausgeht, auf und weist den Weg für zukünftige Entwicklungen.

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